3. Bericht von Josi Küsters – Ende März 2015

Hodi?                            Darf ich eintreten?

Karibu                           Herein,  Willkommen.

Ahsante                        Danke

Ich heiße Euch herzlich willkommen, meinen 3. Reisebericht zu lesen.

Der obige Wortwechsel ist beim Betreten eines Hauses üblich, weil vielfach die Türen bereits geöffnet sind oder fehlen. Dann folgt grundsätzlich die Frage: Wie geht es Dir?

Die Freundlichkeit und vor allem die fröhlichen und dankbaren Kinder und ihre Eltern machen meinen Aufenthalt zu einem besonderen Erlebnis.

Zu den letzten Aufgaben meiner Schwester Sofia und ihrem Mann Jakob zählte die Besichtigung des neben der Schule gelegenen Farmgeländes, um über die Weiterentwicklung und anstehenden Investitionen zu entscheiden.

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Die Farm ist ein wesentlicher Bestandteil des Projektes, da die Erträge die Schulmahlzeiten mit Gemüse und Obst bereichern, vor allem mit Bananen für das Frühstück. Bei der Besichtigung stellten wir fest, dass das Grundstück aufgrund einer fehlenden Torhälfte von Unbefugten betreten werden konnte und der Brunnen ungesichert war. Deshalb entschieden wir, dass der ca. 12 Meter tiefe Brunnen durch einen Betondeckel abgedeckt und die fehlende Torhälfte durch einen Zaun ersetzt werden sollte. Außerdem erfuhren wir am gleichen Tag, dass auf einem Nachbargrundstück ein kleines Kind in einen Brunnen gefallen war. Diese Nachricht bestätigte unsere Entscheidung, weshalb sofort am darauffolgenden Tag der Betondeckel aus Zement gegossen und das fehlende Zaunstück ersetzt wurde. Für die Zukunft ist der Bau eines Wohnhauses für den Farmer geplant, damit die Farm Tag und Nacht beaufsichtigt werden kann. Des Weiteren möchten wir ein Wasserleitungsystem aufbauen. Davon versprechen wir uns höhere Ernteerträge, mit deren Vermarktung wir weitere Einnahmen erzielen könnten.

Der Container, der seit dem letzten Jahr ebenfalls auf dem Farmgrundstück steht und als Lager genutzt wird, soll umgebaut werden. Es sollen Fenster geschnitten und ein Dach angefertigt werden, damit der Container zukünftig als Fahrradwerkstatt und als Produktionsraum für die Weiterverarbeitung der Moringaprodukte genutzt werden kann.

An einem windigen Tag fielen mehrere Kokosnüsse von den Palmen auf das Schulgrundstück. Glücklicherweise geschah dies während der Unterrichtszeit, sodass niemand verletzt wurde. Wie die Kenianer sagen, sind herabfallende Kokosnüsse die Todesursache Nr. 1. Deshalb bestellten wir umgehend einen Kletterer, der die Kokosnüsse in schwindelerregender Höhe erntete. Er köpfte einige Nüsse sofort mit einer Panga, einem langen Messer, so dass die Milch von allen Anwesenden probiert werden konnte.

Nach der Abreise von Sofia und Jakob konnte ich am 06.03.2015 Sophia, die neue Volontärin mit dem gleichen Namen (Sophia mit ph) begrüßen. Weiterhin kam Laura am 11.03., dann Lena am 16.03. und am 31.03.2015 begann Rosa ihr Volontariat beim Projekt.

Ziel- und Abflughafen für nahezu alle Volontäre ist Mombasa. Die 45 km lange Hinfahrt zum Projekt nach Ukunda und die spätere Rückfahrt zum Flughafen erfolgt in der Regel durch eine Taxifahrt. Aufgrund der Straßenverhältnisse und des Fährbetriebes ist die Dauer der Autofahrt nie abschätzbar. So musste Sophia leider im Taxi drei Stunden vor der Fähre warten.

Alle Volontärinnen hatten in ihrem Gepäck viele dringend benötigt Sachen für die anstehenden Projekte, die Schule oder das Volontärhaus. Für das „Zahn-Prophylaxe-Projekt“ brachte Lena viele Tuben Zahnpasta mit, da Zahnpasta in Kenia wesentlich teurer ist als in Deutschland. Die erforderlichen Zahnbürsten erhielten wir kostenlos von einer kenianischen Zahnarztpraxis, die einen europäischen Sponsor hat.Sophia, Lena und Laura entwarfen ein Plakat zur Zahnpflege mit einem einprägenden Spruch und erteilten in allen Klassen Sachunterricht zum Thema „Zahnpflege“. Dabei wurde das Zähneputzen demonstriert und Zahnputzübungen vorgenommen. Seitdem putzen die Schüler mittags täglich gemeinsam ihre Zähne in der Schule.

Sophia, ausgebildete Rettungshelferin, bot interessierten Schülern der Klassen 1 und 2 Erste-Hilfe-Kurse an. Dafür hatte sie u.a. Verbandsmaterial, Handschuhe und Dreiecktücher aus Deutschland mitgebracht. Weitere Unterrichtsstunden sind geplant.

Im letzten Bericht erzählte ich über die „Schuh-Aktion“.

Insgesamt wurden ca. 30 Paar Sandalen für die jüngeren Schüler und 70 Paar Schuhe für die älteren Schüler bei zwei einheimischen Schuhmachern bestellt.

Die handgefertigten Sandalen und Schuhe wurden sukzessive ausgeliefert.

Da die Größen sehr unterschiedlich ausfielen, benötigte ich den ganzen März, um die Schuhe den Schülern anzupassen und zu verteilen.

So ist selbst ein Schuheinkauf für 100 Kinder in Kenia eine große Herausforderung. Seit einigen Tagen tragen die Schüler stolz ihre neuen Schuhe, die regelmäßig mit dem neu angeschafften Schuhputzmittel von ihnen blank geputzt werden.

Für die sehr aufwendige Wäsche der Judoanzüge wurde eine Halbautomatik-Waschmaschine angeschafft. Diese besteht aus einem zwei Tommel-System. Die linke Trommel dient dem Waschgang, der Wasserzu- und -ablauf wird manuell bedient. Zum Schleudern gibt man die Wäsche in die rechte Trommel. Die Nutzung der Waschmaschine erleichtert die Arbeit enorm und ersetzt die bis dahin übliche Handwäsche. Besonderes nach den beiden Strandtagen mit der vielen Badewäsche und den zahlreichen Handtüchern, wusste ich die Waschmaschine zu schätzen.

Im Monat März gab es mehrere Sportereignisse. Für die Kinder der Klassen 1 und 4, die Lehrer und die Volontäre waren die beiden Schwimmtage ein spaßiges Vergnügen. Am Freitag, den 06.03.2015 fand ein interessanter Judowettkampf statt. 16 ehemalige Schüler, die die benachbarte Mwamambi Schule besuchen und weiterhin unseren Judoclub besuchen, kämpften gegen unsere Schüler. Viele Fans schauten den Wettkämpfen zu und feuerten die Teams mit viel Begeisterung an. Alle Kämpfer bewiesen, dass sie in den vergangenen 11 Monaten viel gelernt haben.

Die Fotodokumentation dieses Wettkampfes schmückt jetzt unsere Judohalle und die Klassenräume der Mwamambi Schule, die die gerahmten Bilder als Geschenk erhielten, anlässlich meiner Besichtigung der Mwamambi-Schule – gemeinsam mit Nelly, unserer Sozialarbeiterin. Hierbei stellte ich fest, dass die Klassenstärke in dieser Schule mit 54 Kindern recht groß war. Beim Schulbesuch einer weiteren Schule (Light-Moon) zählte ich sogar 84 Schüler in der letzten Kindergartenklasse. An unserer Schule beträgt die Schülerzahl maximal 24 Kinder pro Klasse.

Ein weiteres Ereignis war ein Ballsport-Turnier mit den privaten Schulen der Umgebung, das bei der World of Life-Schuleausgetragen wurde. Diese verfügt über einen Fußballplatz in Originalgröße und veranstaltet regelmäßig Wettkämpfe. Nach einer langen Wartezeit konnten unsere Fußballer der 4. Klasse ihr Können gegen die viel größeren Schüler zeigen. Mit Erstaunenmusste ich feststellen, dass die Hälfte der Schüler leider barfuß auf dem heißen, fast graslosen Spielfeld kickten. Es war ein besonderes Erlebnis. Unsere Schüler wurden von begeisterten Fans gut unterstützt: Der junge Lehrer Kelvin und unsere beiden muslimischen Lehrerinnen liefen mit den übrigen Schülern um den Fußballplatz und feuerten mit den Rufen die Fußballspieler an. Besonders unser kleiner Torwart beeindruckte durch sein Können. Wir haben das ganze Spiel begeistert und jubelnd verfolgt.

Am Ende des Tages durften unsere „Judokas“ noch eine Demonstration vorführen, um für unsere Schule zu werben, da wir weit und breit die einzige Schule sind, die Judo anbietet.

Da viele Familien an die Schule entweder keine oder verminderte Schulgebühren zahlen, beauftragte Christina (Projektleiterin) Nelly (Sozialarbeiterin des DIANI Educatation-Centre) die Angemessenheit der zu zahlenden Schulgebühren zu überprüfen. Hierzu sollte Nelly die Familien besuchen und Informationen über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse in Erfahrung bringen. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit hatten sich die Einkommensverhältnisse leider kaum verbessert. Im Gegenteil, da die Touristen aus Angst vor Anschlägen ausbleiben, verlieren zunehmend die Menschen ihren Arbeitsplatz. Es ist zu beobachten, dass immer wieder Männer ihre Frauen verlassen, die dann keinerlei staatliche Unterstützung erhalten und beim DIANI Education-Centre um Hilfe bitten. Letzte Woche kamen eine Mutter und eine Großmutter, die um Hilfe auch außerhalb der Schule baten. Da sie die Mietzahlungen nicht aufbringen konnten, wurden ihre Wohnräume vom Vermieter verschlossen. Wird die ausstehende Miete dann nicht innerhalb von wenigen Tagen beglichen, räumt der Vermieter alle Sachen auf die Straße. Das Leben in Kenia ist wirklich nicht einfach.

Ein weiteres tragisches Ereignis war der Unfall eines Kindergartenkindes, das beim Kochen der Familienmahlzeit, was gewöhnlich auf dem Boden erfolgt, über einen Topf mit kochendem Wasser gestolpert ist und sich gehörig – im wesentlichen im Gesicht und an der Schulter – verbrannt hat. Zusätzlich zur ärztlichen Behandlung empfahl Christina der Familie, ständig den Saft von Aloe Vera-Blättern aufzutragen. Nach 2 Wochen kann ich sagen, dass es glimpflich ausgegangen ist und die Haut wieder geheilt ist.

Im Volontärhaus hatten wir mehrfach kein fließendes Wasser, da die Brunnenpumpe versagte, die das Wasser zum Wasserturm befördert. Nun wurde endlich eine neue Pumpe angeschafft und wir können wieder kochen, duschen und Zähneputzen. Durch solche Vorfälle lernt man, die Vorzüge in Deutschland noch mehr zu schätzen.

In Kenia hat die Regenzeit begonnen. Da in Ukunda nur die Hauptstraße geteert ist und es keine öffentliche Kanalisation gibt, stehen nun so große Pfützen auf den Wegen, dass sie teilweise unpassierbar sind. Das erschwert unsere Einkaufsfahrten mit dem Fahrrädern zunehmend.

Der kleine Spielplatz auf dem Schulgelände erfreut sich bei den Kindern großer Beliebtheit. Da der Sandkasten und der Untergrund des Klettergerüstes neu mit Sand aufgefüllt werden musste, fuhren wir mit einem Tuk-Tuk, ein dreirädiges Fahrzeug, mehrmals zum Strand und füllten viele Säcke. Außerdem wurden zur Begeisterung der Kinder die Schaukeln repariert. Durch die extremen Wetterverhältnisse (u.a. Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit, Regenzeit) verschleißen alle Sachen in Kenia wesentlich schneller als in Deutschland und es sind häufiger Reparaturen erforderlich.

Neben den Schulkindern können sonntags die Kinder der Kirchenbesucher die Spielgeräte nutzen. Unser Mehrzwecksaal wird dann einer Kirchengemeinde zur Verfügung gestellt. Wir, die Bewohner des benachbarten Volontärhauses, hören dann von 8.00 bis 14.00 Uhr Kirchengesang, da die Kenianer den halben Sonntag in der Kirche verbringen und mit Begeisterung singen.

Als Highlight besuchten Sophia, Lena und ich den Haller Park bei Mombasa. Der frühere Steinbruch von einer Zementfabrik ist heute nach einem Aufforstungs-Programm ein kleines Naturparadies und Safaripark. Dort werden zahlreiche Tierarten gehalten, unter anderem Krokodile, Nilpferde, Zebras, Gazellen und Riesenschildkröten. Während der Fütterungszeiten konnte man besonders mit den Giraffen hautnahen Kontakt erleben.

Nun wünsche ich Euch Frohe Ostertage und ich freue mich bereits auf ein baldiges Wiedersehen.

Liebe Grüße

Josi